10.2.2016
Buchempfehlung - Die Baker Street ArtefakteKurzgeschichtensammlung mit spannender VorgeschichteHeute habe ich eine Empfehlung für Fans von Kurzgeschichten. Die Baker Street Artefakte bietet nämlich nicht nur eine gute Qualitätsdichte, sondern auch noch einen interessanten und wahren Hintergrund. Was es damit auf sich hat und ob das Buch auch für „Nicht-Kurzgeschichten-Leser“ spannend sein kann, erfährt ihr hier.
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Die ungewöhnliche Vorgeschichte zum Buch
Bevor ich näher auf den Inhalt des Buches eingehe, möchte ich aber noch die Entstehung und den Hintergrund des Buches erklären. Im Vorwort erzählt der deutsche Autor Christian von Aster die Geschichte, wie es zu der Idee kam: Er sitzt in einer Bar in Saarbrücken. Es ist aber nicht irgendeine Bar. Die „Baker Street“ ist sehr atmosphärisch eingerichtet, es gibt beispielsweise einen Kamin, hochwertige Sitzgarnituren und unzählige, mehr oder weniger wertvolle Relikte aus dem viktorianischen Zeitalter. Es sind aber nicht die vielen spannenden Gegenstände, die den Gastraum verzieren. In einem Gespräch mit dem Inhaber des Etablissements, kommt Christian von Aster in den Genuss einer Geschichte, wie sie nur der Zufall schreiben kann: Bei dem Versuch, die Bar um einen weiteren Raum zu vergrößern und einem folgenden Wanddurchbruch, kam es im Jahr vor Asters Besuch zu einem überraschenden Fund. Hinter der Wand befand sich nämlich eine große Ansammlung verstaubten Vitrinen. Darin enthalten waren eine Menge an Gegenständen, die der Globetrotter Heinz Rox-Schulz bei seinen Reisen um die Erdkugel erworben hatte und offenbar irgendwann einmal hier aufbewahrt hatte. Aus dem Raum wurde also eine kleine Ausstellung für Kunden, anstatt, wie geplant, ein weiterer Gastraum.
So wurde auch Christian von Aster nach der ausführlichen Erzählung des Inhabers in den Ausstellungsraum geführt. Schon nach dem ersten Blickkontakt mit den Gegenständen war dem Autor klar, dass sich jemand finden müsste, um der Sammlung neues Leben einzuhauchen. So begann er sowohl Autoren, als auch einen passenden Verlag für die Geschichten zu finden. Mit dem Übersetzer Oliver Hoffmann fand er gleich beides auf einen Streich. Dieser ist nämlich Gründer des Feder&Schwert-Verlags und gleichzeitig phantastikbegeisterter Schreiberling. Neben deutschen Fantasy-Romanen veröffentlicht der Verlag auch noch Rollenspielbücher und aktualisierte Regelwerke.
Zurück zu den Autoren: Neben einigen interessierten Freizeitautoren und weniger bekannten, fand sich auch ein Großmeister des Fantasy im deutschen Sprachraum: Markus Heitz. Durch den Die Zwerge Autor bekam das Buch Die Baker Street Artefakte auch gleich mehr Aufmerksamkeit. Die Voraussetzungen für das Projekt waren also gegeben. Der Ablauf war aber mindestens genauso spannend: Jeder Autor durfte sich einen Gegenstand im Hinterzimmer der Bar aussuchen und eine eigens erfundene Hintergrund- und Herkunftsgeschichte dazu verfassen. Letzten Herbst wurde schließlich das Buch dazu veröffentlicht.
Bevor ich näher auf den Inhalt des Buches eingehe, möchte ich aber noch die Entstehung und den Hintergrund des Buches erklären. Im Vorwort erzählt der deutsche Autor Christian von Aster die Geschichte, wie es zu der Idee kam: Er sitzt in einer Bar in Saarbrücken. Es ist aber nicht irgendeine Bar. Die „Baker Street“ ist sehr atmosphärisch eingerichtet, es gibt beispielsweise einen Kamin, hochwertige Sitzgarnituren und unzählige, mehr oder weniger wertvolle Relikte aus dem viktorianischen Zeitalter. Es sind aber nicht die vielen spannenden Gegenstände, die den Gastraum verzieren. In einem Gespräch mit dem Inhaber des Etablissements, kommt Christian von Aster in den Genuss einer Geschichte, wie sie nur der Zufall schreiben kann: Bei dem Versuch, die Bar um einen weiteren Raum zu vergrößern und einem folgenden Wanddurchbruch, kam es im Jahr vor Asters Besuch zu einem überraschenden Fund. Hinter der Wand befand sich nämlich eine große Ansammlung verstaubten Vitrinen. Darin enthalten waren eine Menge an Gegenständen, die der Globetrotter Heinz Rox-Schulz bei seinen Reisen um die Erdkugel erworben hatte und offenbar irgendwann einmal hier aufbewahrt hatte. Aus dem Raum wurde also eine kleine Ausstellung für Kunden, anstatt, wie geplant, ein weiterer Gastraum.
So wurde auch Christian von Aster nach der ausführlichen Erzählung des Inhabers in den Ausstellungsraum geführt. Schon nach dem ersten Blickkontakt mit den Gegenständen war dem Autor klar, dass sich jemand finden müsste, um der Sammlung neues Leben einzuhauchen. So begann er sowohl Autoren, als auch einen passenden Verlag für die Geschichten zu finden. Mit dem Übersetzer Oliver Hoffmann fand er gleich beides auf einen Streich. Dieser ist nämlich Gründer des Feder&Schwert-Verlags und gleichzeitig phantastikbegeisterter Schreiberling. Neben deutschen Fantasy-Romanen veröffentlicht der Verlag auch noch Rollenspielbücher und aktualisierte Regelwerke.
Zurück zu den Autoren: Neben einigen interessierten Freizeitautoren und weniger bekannten, fand sich auch ein Großmeister des Fantasy im deutschen Sprachraum: Markus Heitz. Durch den Die Zwerge Autor bekam das Buch Die Baker Street Artefakte auch gleich mehr Aufmerksamkeit. Die Voraussetzungen für das Projekt waren also gegeben. Der Ablauf war aber mindestens genauso spannend: Jeder Autor durfte sich einen Gegenstand im Hinterzimmer der Bar aussuchen und eine eigens erfundene Hintergrund- und Herkunftsgeschichte dazu verfassen. Letzten Herbst wurde schließlich das Buch dazu veröffentlicht.
Genre-Überraschung
Soviel zur Vorgeschichte von Die Baker Street Artefakte. Kommen wir nun schön langsam zum Inhalt der Geschichten. Vorerst möchte ich aber noch das Genre und die Zeit in der sich die Geschichten bewegen, ein wenig abgrenzen. Was man nämlich nicht erwartet und was auch nirgends in einer Buchbeschreibung steht, ist das genaue Genre: Alle (!) Kurzgeschichten im Buch reihen sich in den Bereich Horror ein. Teilweise vom typischen Lovecraft-Flair beeinflusst, gibt es so einige verstörende Momente, in denen es oft um Rituale oder einen schlichten Gewaltakt geht. Dabei setzen die Autoren weniger auf moderne Schock-Methoden, vielmehr sind es meist die sehr detailliert beschriebenen Szenarien, die den Leser abschrecken sollen. Das funktioniert nahezu immer einwandfrei und eine spannende Atmosphäre kommt auf.
Wenn man die Horror-Kurzgeschichten jetzt noch genauer in eine bestimmte Zeitperiode aufteilt, bilden sich zwei große Gruppen. Ein Teil der Autoren setzt auf den unverwechselbaren Flair des viktorianischen Zeitalters. Diese Geschichten spielen meist direkt in London oder zumindest in England. Dabei wird die Epoche äußerst gut aufgegriffen und es gibt immer wieder nette geschichtliche Details, die die Autoren in ihre Erzählungen einbauen. Die zweite Gruppe von Autoren greift die Themen Kolonisation, Imperialismus und die Zeitperiode rund um die beiden Weltkriege auf. Dabei drehen sich die Geschichten meist um gewagte Expeditionen von verwirrten Europäern oder um ungewöhnliche einheimische Stämme. Während die erste Autorengruppe klassische Lovecraft-Magie verwendet, setzt die zweite Gruppe eher auf indianische Rituale oder Flüche.
Um das Thema „Einreihung in ein Genre“ abzuschließen kann man sagen, dass Die Baker Street Artefakte für jemanden, der mit Horror gar nichts am Hut hat, eher nichts ist. Auch für Fans von modernem Horror bietet sich hier nichts Interessantes, aber wer auf klassischen Horror im Stile von H.P. Lovecraft steht, der sollte auf jeden Fall einen Blick wagen.
Nebenbei sollte man sich auch noch wirklich für Kurzgeschichten interessieren. Wer damit nämlich noch nie so richtig warm geworden ist, wird sich auch hier nicht sonderlich erfreuen können. Der Umfang der Erzählungen beträgt im Durchschnitt circa 20 Seiten, was für Kurzgeschichten ordentlich ist. Dabei wird einigen Autoren aber vor allem die Spannungskurve zum Verhängnis. Nicht jeder schafft es, die Spannung immer so hochzuhalten, dass der Leser bei der Stange bleibt und aktiv mitfiebert. Bei Kurzgeschichten sind solche Durchhänger meist sehr auffällig und können die Atmosphäre drastisch senken. Wenn es dann auch noch um Horror gehen soll, sind solche langatmigen Situationen schwere Fehler. Auf die einzelnen Geschichten gehe ich aber gleich noch genauer ein.
Soviel zur Vorgeschichte von Die Baker Street Artefakte. Kommen wir nun schön langsam zum Inhalt der Geschichten. Vorerst möchte ich aber noch das Genre und die Zeit in der sich die Geschichten bewegen, ein wenig abgrenzen. Was man nämlich nicht erwartet und was auch nirgends in einer Buchbeschreibung steht, ist das genaue Genre: Alle (!) Kurzgeschichten im Buch reihen sich in den Bereich Horror ein. Teilweise vom typischen Lovecraft-Flair beeinflusst, gibt es so einige verstörende Momente, in denen es oft um Rituale oder einen schlichten Gewaltakt geht. Dabei setzen die Autoren weniger auf moderne Schock-Methoden, vielmehr sind es meist die sehr detailliert beschriebenen Szenarien, die den Leser abschrecken sollen. Das funktioniert nahezu immer einwandfrei und eine spannende Atmosphäre kommt auf.
Wenn man die Horror-Kurzgeschichten jetzt noch genauer in eine bestimmte Zeitperiode aufteilt, bilden sich zwei große Gruppen. Ein Teil der Autoren setzt auf den unverwechselbaren Flair des viktorianischen Zeitalters. Diese Geschichten spielen meist direkt in London oder zumindest in England. Dabei wird die Epoche äußerst gut aufgegriffen und es gibt immer wieder nette geschichtliche Details, die die Autoren in ihre Erzählungen einbauen. Die zweite Gruppe von Autoren greift die Themen Kolonisation, Imperialismus und die Zeitperiode rund um die beiden Weltkriege auf. Dabei drehen sich die Geschichten meist um gewagte Expeditionen von verwirrten Europäern oder um ungewöhnliche einheimische Stämme. Während die erste Autorengruppe klassische Lovecraft-Magie verwendet, setzt die zweite Gruppe eher auf indianische Rituale oder Flüche.
Um das Thema „Einreihung in ein Genre“ abzuschließen kann man sagen, dass Die Baker Street Artefakte für jemanden, der mit Horror gar nichts am Hut hat, eher nichts ist. Auch für Fans von modernem Horror bietet sich hier nichts Interessantes, aber wer auf klassischen Horror im Stile von H.P. Lovecraft steht, der sollte auf jeden Fall einen Blick wagen.
Nebenbei sollte man sich auch noch wirklich für Kurzgeschichten interessieren. Wer damit nämlich noch nie so richtig warm geworden ist, wird sich auch hier nicht sonderlich erfreuen können. Der Umfang der Erzählungen beträgt im Durchschnitt circa 20 Seiten, was für Kurzgeschichten ordentlich ist. Dabei wird einigen Autoren aber vor allem die Spannungskurve zum Verhängnis. Nicht jeder schafft es, die Spannung immer so hochzuhalten, dass der Leser bei der Stange bleibt und aktiv mitfiebert. Bei Kurzgeschichten sind solche Durchhänger meist sehr auffällig und können die Atmosphäre drastisch senken. Wenn es dann auch noch um Horror gehen soll, sind solche langatmigen Situationen schwere Fehler. Auf die einzelnen Geschichten gehe ich aber gleich noch genauer ein.
Die Kurzgeschichten-Übersicht
Wie versprochen, gehe ich jetzt noch genauer auf die einzelnen Kurzgeschichten ein. Die Baker Street Artefakte bietet zwar eine beeindruckend hohe Qualitätsdichte, allerdings gibt es immer ein paar Geschichten, die nicht so lesenswert sind, wie die anderen. Damit Sie bei dem Kauf der Kurzgeschichtensammlung wissen, welche davon Sie auf jeden Fall lesen sollten und welche nicht so beeindruckend sind, habe ich hier eine Übersicht mit allen Geschichten angefertigt. Dazu ein kurzes Fazit zu jeder davon und eine Stern-Wertung, damit Sie auf den ersten Blick wissen, für welche Geschichte Sie sich am besten entscheiden sollten.
Wie versprochen, gehe ich jetzt noch genauer auf die einzelnen Kurzgeschichten ein. Die Baker Street Artefakte bietet zwar eine beeindruckend hohe Qualitätsdichte, allerdings gibt es immer ein paar Geschichten, die nicht so lesenswert sind, wie die anderen. Damit Sie bei dem Kauf der Kurzgeschichtensammlung wissen, welche davon Sie auf jeden Fall lesen sollten und welche nicht so beeindruckend sind, habe ich hier eine Übersicht mit allen Geschichten angefertigt. Dazu ein kurzes Fazit zu jeder davon und eine Stern-Wertung, damit Sie auf den ersten Blick wissen, für welche Geschichte Sie sich am besten entscheiden sollten.
Die Schatten des Nanga Parbat (Christoph Marzi): Der Gegenstand um den es geht ist ein Stoffhase. Dieser bekommt in der Geschichte leider erst viel zu spät eine wichtige Rolle. Die Autorenkollegen haben diesen Aspekt um einiges besser gelöst und in die Geschichte eingebunden. In der Erzählung selbst dreht sich alles um eine Expedition in einen Dschungel. Dieser ist aber nicht verlassen, die Einheimischen warnen immer wieder von einem gefährlichen Kannibalenstamm. Außerdem soll auch noch schwarze Magie im Spiel sein. Die härtesten der europäischen Entdecker glauben diese Geschichten aber natürlich nicht und ziehen weiter. Hätten sie den Einheimischen besser doch glauben sollen?
Dabei ist der Anlauf, den die Erzählung nimmt, für eine Kurzgeschichte leider viel zu lang. Im Mittelteil bessert sich das aber und die Spannung steigt bis zum Schluss stetig an. Grüner Rauch (Benjamin Kiehn): Die kürzeste Geschichte im Buch. Der Gegenstand ist ein Dolch mit Scheide, der aber ebenfalls eher später zum Einsatz kommt. Da die zweite Geschichte im Vergleich zur ersten deutlich weniger Umfang aufweist, fällt das aber weniger auf. Die Erzählung handelt von einem Ritual, dass am Anfang deutlich harmloser scheint, als es schlussendlich wirklich ist. Mehr will ich hier auch nicht verraten. Nebenbei verübt die Geschichte auch noch Gesellschaftskritik und zeigt das grausame Leben in den Gassen Londons.
Eine sehr kurze, aber knackige Geschichte. Die plötzliche Härte wirkt so überraschend, dass man sich gar nicht bewusst ist, was gerade geschehen ist. „Augen auf!“, heißt es also in der Kurzgeschichte von Benjamin Kiehn. |
Das Lied der Stille (Oliver Graute): Eine der besten, wenn nicht die beste Geschichte in der Sammlung. Es geht um eine Schnupftabakdose und ein Spieldose als Gegenstände. Zumindest ersteres spielt hier auch wirklich eine zentrale Rolle. Es geht um Monsieur Loriet, der sich regelmäßig mit seinem guten Freund Monsieur Treville trifft um eine Tasse Kakao mit ihm zu genießen. Bevor er aber außer Haus geht, will er nach seiner Tochter sehen. In ihrem Zimmer macht er aber recht bald einen grausigen Fund.
Der Autor schafft es mit seiner Geschichte, sie gleichzeitig grausam und charmant wirken zu lassen. Die detaillierte Beschreibung der Situation und der Einrichtung des Herrn Loriet machen den Ort, in dem die Erzählung spielt sehr glaubwürdig. Außerdem spielt der gute Freund Monsieur Treville ebenfalls eine sehr interessante Rolle. Eigentlich greift er nicht wirklich in die Situation ein und befindet sich an einem ganz anderen Ort, er rundet die Geschichte aber am Anfang und auch am Ende sehr gut ab. Mit „Augenblich“ statt „Augenblick“, befindet sich in der Geschichte übrigens der einzige von mir entdeckte Rechtschreibfehler im gesamten Buch. Sehr löblich! Allerdings wurden die Geschichten auch ausschließlich von deutschen Autoren geschrieben und sie haben somit keinen Übersetzungsvorgang hinter sich. |
Hokus Pokus (Silke Lindenberger): Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht ein Zauberkasten, der von einem kleinen Jungen in einem angeblich verzauberten Haus im Wald gefunden wird. Eigentlich die besten Voraussetzungen, allerdings wäre in der Idee noch deutlich mehr drin gewesen, als die Autorin schlussendlich herausgeholt hat. So verliert sich die Erzählung zuerst ein wenig in der komplizierten Vorgeschichte des Hauses und konzentriert sich zu wenig auf den eigentlichen Höhepunkt der Geschichte. So ist dieser viel zu schnell wieder vorbei und zu nah am Ende platziert. Schließlich gibt es noch eine nette Andeutung am Ende, die den Rest der Erzählung aber leider auch nicht mehr spannender macht.
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Brandspuren (Oliver Hoffmann): Eine Detektivgeschichte, die so überhaupt nicht in den Rest der Kurzgeschichten passt. Nicht vom Szenario und auch nicht von der Qualität her. Die Erzählung ist derart kompliziert, dass man schon kurz danach gar nicht mehr so genau weiß, was man eigentlich gerade gelesen hat. Dabei soll auch noch der Rosenkranz mit Kreuz eine zentrale Rolle als gewählter Gegenstand spielen, kommt aber irgendwie kaum vor. Plötzlich soll auch noch Sherlock Holmes als unpassender Hauptcharakter involviert sein, was die Atmosphäre endgültig zerstört. Mit 16 Seiten und unnötig vielen Standortwechseln ist die Geschichte dann auch noch verdammt langatmig und baut 0 Spannung auf.
Eine Geschichte, wie sie nicht in diese sonst so tolle Kurzgeschichtensammlung passt. |
Die dreimal verfluchte Maske des Shin Lan Lei (Isa Theobald): Einer der interessantesten Gegenstände der Sammlung. Die Autorin hat daraus auch eine durchaus spannende Geschichte geschaffen. In der klassischen „Verfluchter-Gegenstand Erzählung“ dreht sich alles um einen Mann, der in einer Kiste, die er offenbar im Ausland erworben hat, eine Ritualmaske findet. Da er sich mit dem Ding nicht sonderlich gut auskennt und auch keinen genauen Wert schätzen kann, ruft er eine Expertin für alte Kulturen an. Das Gespräch entwickelt sich immer weiter und endet schließlich in einer Pointe, die einen zum Schmunzeln bringen kann.
Über diese Pointe möchte ich natürlich nichts verraten, es kommt aber eigentlich nur dazu, weil der Wendepunkt kurz nach dem Höhepunkt der Erzählung eintrifft, der sowieso schon recht spät stattfindet. Dabei kommt am Ende alles zusammen und man kommt sogar fast zum Lachen. Ein Teil des Endes kann man zwar erahnen, aber eben nur einen Teil. Eine von den Kurzgeschichten, die sehr spannend strukturiert ist und die man sich durchaus ansehen sollte. |
Pinnula (Markus Heitz): Eine von den drei Geschichten, die man lesen muss, wenn man sich das Buch kaufen sollte. Und das nicht einfach nur weil Markus Heitz draufsteht, sondern weil auch Markus Heitz drin ist. Dabei sticht die Erzählung nicht nur durch ihre besondere Struktur heraus, sondern auch durch die sehr hohe Qualität der Handlung. Man kann den Unterschied zwischen Markus Heitz als Romanautor und anderen Freizeitautoren eben doch relativ deutlich erkennen.
Es geht um die Literatur des viktorianischen Londons. Einige Autoren streiten sich um den besten Verlag in der Stadt, der einem angeblich überall bekannt machen soll. Dabei stößt einer der Autoren auf eine mysteriöse Schreibfeder, der von Heitz gewählte Gegenstand, mit der man plötzlich im Stande ist, Meisterwerke zu verfassen. Als davon noch ein weiterer Autor Wind bekommt, entwickelt sich ein heftiger Streit um den Gegenstand. Schon bald macht man aber böse Erfahrungen mit dem Hintergrund der Schreibfeder, die schlussendlich auch ihren Tribut fordert. Dabei habe ich die äußerst inhaltsreiche Erzählung auch nur umrissen. Neben dem Inhalt der Geschichte, der teilweise sogar leicht vorhersehbar ist (oder es dem Leser zumindest glauben lässt), bietet uns Markus Heitz auch noch eine interessante Struktur. Die Erzählperspektive wechselt nämlich von auktorialer zu personaler und wieder zurück. So wird die Geschichte am Anfang und am Ende abgerundet. Zusätzlich dazu gibt es auch noch zwei passende Gedichte, ebenfalls am Anfang und am Ende. Alles in allem typische „Heitz-Qualität“. |
Ding-Ding (Germaine Paulus): Wieder eine typische „Verfluchter-Gegenstand Geschichte“. Diesmal ist der wohl ungewöhnlichste Gegenstand der Sammlung im Mittelpunkt: Die Säge eines Sägerochens. Es geht um einen Mann, der eben diese Säge findet. Seitdem fühlt er sich aber nicht sonderlich gut und wird immer wieder durch Stimmen in seinem Kopf geplagt. Er vermutet einen Fluch auf der Säge und besucht eine alte Frau, die als Kennerin von solch Okkultismus gilt. Ob es ihr gelingt, den Mann von dem Fluch zu bewahren, verrate ich hier natürlich nicht. Dass es dabei aber immerhin Probleme gibt, ist wahrscheinlich vorauszusehen.
Der eher eigenartige Name „Ding-Ding“ für den Gegenstand zerstört manchmal etwas die sonst so tolle Atmosphäre der Geschichte. Die Erzählung hat aber durchaus so einige spannende Momente aufzuweisen, die auch für Überraschungen sorgen können. |
Das dunkle Erbe von Amarna (Christian von Aster): Eine schwierig zu bewertende Geschichte, in der sich alles um eine Mumie dreht. Einem Kunstsammler wird eine ägyptische Mumie für einen spottbilligen Preis angedreht. Wieso er aber nur so wenig zahlen musste, wird dem Mann bald klar. Offenbar besitzt die Mumie irgendeine Gabe, hinter der alle möglichen geheimen Organisationen her sind. Dabei verstrickt sich die Geschichte unnötig kompliziert und man ist sich nicht immer im Klaren, wieso ein Charakter in diesem Moment genau so gehandelt hat. Außerdem ist man sich auch nicht ganz klar, ob das alles wirklich passiert oder ob der Hauptcharakter einfach nur verrückt ist.
Für eine Kurzgeschichte hat die Erzählung auch zu viele langatmige Stellen, die wohl der briefartigen Struktur der Geschichte geschuldet sind. Dafür bietet sie aber durch ihren Aufbau eine nette Abwechslung zu den anderen Geschichten, die den Leser aber für meinen Geschmack zu sehr verwirrt und zu viel unerklärt lässt. |
Des Dämons Spielzeug (Sandra Baumgärtner): Abermals eine Geschichte bei der schlussendlich auch ein verfluchter Gegenstand eine große Rolle spielt. Es geht um zwei Ermittler, die einen Mord an einem Bauernhof aufdecken sollen. Dabei wurden alle Bewohner des Hofs ermordet. Es gibt aber ein paar recht eigenartige Spuren und bald wird klar, dass der Mord wohl eher nicht auf natürliche Weise durchgeführt wurde…
Der Standort der Geschichte wird sehr glaubwürdig umschrieben, man kann sich aber trotzdem noch genügend selbst dazudenken. Es fühlt sich auch wirklich so an, als wären die Figuren gerade auf einem englischen Bauernhof und das schlechte, regnerische Wetter wurde vom Autor gut in die Geschichte eingebaut. Es gibt ein, zwei gute Wendungen und die Spannung hält auch bis zum Höhepunkt im letzten Drittel der Geschichte gut an. Direkt am Höhepunkt ist sie aber deutlich zu einfach und bedient einige Horror-Klischees. Außerdem lässt sich manches vorhersehen. Danach gibt es noch eine nette Ergänzung in Form eines Epilogs. Insgesamt eine atmosphärisch sehr gelungene Geschichte. |
Unter der Haut (Diana Kinne): Wer eine sehr harte und grausame Geschichte sucht, ist hier richtig. Bei einigen Situationen muss man hier schon mehrfach schlucken, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass die Autorin die schlimmsten Szenen am detailliertesten beschreibt. Es geht um mysteriöse Schlüssel, über die ich aber nicht zu viel verraten möchte. Wenn man alle Schlüssel besitzt, kann man mit ihnen ein Tor öffnen hinter dem sich unfassbare Reichtümer verbergen. Zuerst muss man aber an alle Schlüssel kommen, was wohl das schwerste an der Sache ist. Ihre Besitzer beschützen diese mit ihrem Leben und verstecken sie an den einfallsreichsten Orten (Ein Tipp: Diese „Orte“ verbergen sich schon im Titel der Geschichte).
Mit Sicherheit die verstörendste Kurzgeschichte der Sammlung. So spannend das Konzept und die Ideen der Geschichte aber auch sind, einige Macken hat sie trotzdem. In erster Linie sollte man nichts gegen Logikfehler haben. Es gibt nämlich so einige unlogische Zeitsprünge oder Handlungen. Außerdem erfährt man ein bisschen zu wenig über das Geheimnis, das sich hinter der Tür verbirgt. Das macht die Geschichte aber auch gleich mysteriöser und immerhin hat sie eine sehr überraschende Wendung zu bieten. Wer also kein Problem mit der einen oder anderen Grausamkeit hat, sollte sich diese Geschichte ansehen. |
Kunstliebhaber unter sich (Nicole Schuhmacher): Hier haben wir wieder eine der eher kürzeren Geschichten. Der Gegenstand ist hier eine aztekische Urne. Allein diese sieht schon sehr spannend aus. In der Geschichte gibt es aber noch zwei weitere interessante Relikte, die ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Unsere Hauptfigur besucht dabei einen alten, sehr reichen Bekannten, der sich mittlerweile eine wenig vom Leben in Saus und Braus zurückgezogen hat. Nebenbei beschäftigt er sich sehr mit alten Kunstwerken, vorzugsweise Skulpturen. Bei dem Besuch zeigt er der Hauptfigur auch das ein oder andere Relikt. Er wirkt nett und gastfreundlich. Allerdings verrät er uns schon bald ein düsteres Geheimnis und wir finden heraus, was er wirklich im Schilde führt.
Die Erzählung verläuft im Gegensatz zu den meisten anderen Kurzgeschichten verdächtig ruhig und wird im richtigen Moment plötzlich sehr hart. Das überrascht uns ein wenig, allerdings ist auch diese Geschichte zum Teil vorhersehbar und am Höhepunkt leicht klischeehaft. |
Rusalka: Eine Herbstromanze (Mark Schneider): Eine Geschichte, die nicht so gut zu den anderen passt, aber trotzdem noch sehr gut zu lesen ist. Hier steht nämlich, neben einem Spielzeugauto als gewählten Gegenstand, eine Romanze des Hauptcharakters im Mittelpunkt. Eigentlich soll er mit seiner Familie gezwungenermaßen bald aus ihrem Heimatland abreisen. Der Krieg kommt in ihr Land und sie wollen so früh wie nur möglich flüchten. Kurz davor verliebt sich der Hauptcharakter aber in ein fremdes Mädchen, welches ihn am See anspricht. Von diesem Tag an, geht er jeden Abend an den See, um sich mit ihr zu treffen. Neben dem mysteriösen Hintergrund des Mädchens, sind aber auch noch der See und das Spielzeugauto an einer Grausamkeit schuld.
Eine nette Abwechslung zu den anderen Geschichten, die aber leider in einem entscheidenden Moment plötzlich wirklich unlogisch wird und am Höhepunkt einen äußerst unpassenden Zeitsprung einsetzt. |
Das Morpheus-Experiment (Vera Wehberg): Meine persönliche Lieblingsgeschichte der Sammlung. Und das, aufgrund der innovativen Erzählstruktur. Die Geschichte ist nämlich wie ein Protokoll aufgebaut, dass die Geschehnisse relativ neutral heruntererzählt. Dazwischen gibt es immer wieder Dialoge, die die Emotionen der Charaktere gut wiederspiegeln. Der Gegenstand, der von der Autorin gewählt wurde, ein Tukanschnabel, verrät zwar schon ein kleines Detail, am Höhepunkt der Geschichte kommt dann aber doch alles anders als gedacht. In der Erzählung geht es um ein Experiment, bei dem ein besonderes Toxin an einer Gruppe an Menschen und Tieren angewendet werden soll. Dass dabei nicht alles so verläuft wie geplant, ist wohl schon vorprogrammiert.
Interessant sind, wie vorhin schon erwähnt, die unterschiedlichen Erzählweisen. Immer wenn in Protokollform erzählt wird, spielgelt das das Geschehen aus der Sicht der Forscher wieder, die meist sehr neutral denken. Ihnen sind die Versuchspersonen eigentlich ziemlich egal. Schließlich wollen sie nur ihren Erfolg mit dem Experiment einfahren. Die zweite, dialogische Erzählweise zeigt viel mehr Emotionen und soll zeigen, wie sich die Versuchspersonen bei der Situation fühlen und wie es um ihre psychologische Lage dabei steht. Das macht die Geschichte dynamisch und in irgendeiner Weise auch spannend. Schließlich will man herausfinden, was die Forscher mit dem Experiment wirklich bezwecken wollen. So können aufmerksame Leser schon recht früh die Absichten der Forscher erraten, andere werden länger brauchen. Die Geschichte funktioniert aber auch nur, wenn man beim Lesen stets auf Details achtet. Nur dann kann man viel Spaß mit dieser Kurzgeschichte haben. |
27,7 Grad Süd (Michael Hess): Wie man es durch den Titel schon erahnen kann, ist der gewählte Gegenstand dieser Geschichte ein Kompass. Dieser ist am Anfang leider noch gar nicht präsent, ist am Höhepunkt aber ein zentrales Element. In der Geschichte geht es um eine Expedition nach Afrika. Mitten in einer Wüste soll sich ein Geheimnis verbergen, dass es zu erforschen gilt. Die Einheimischen warnen aber von den Ureinwohnern, die nicht sonderlich gastfreundlich sein sollen und angeblich jeden verspeisen, der ihr Land betritt. Dabei fängt der Autor den Charakter einer Expedition gut ein und die Geschichte hat einen sehr schockierenden, sehr gut platzierten Höhepunkt.
Leider geht es nach diesem Höhepunkt qualitätsmäßig stark bergab und es wirkt so, als hätte der Autor plötzlich keine Ideen mehr. So wirkt das Ende eigenartig und irgendwie auch stark aufgesetzt. Der Epilog fällt ebenfalls nur in die Kategorie „nett“ und kann nicht mehr viel herausholen. Der Fluch der Ureinwohner ist aber immerhin gut in Szene gesetzt und wer sich dafür interessiert, kann sich die Geschichte ruhig einmal näher ansehen. |
Pyramiden (Tom Daut): Hinter dem doch eher einfallslosen Titel verbirgt sich ein richtig guter Abschluss der Kurzgeschichtensammlung. Der Gegenstand ist hier ein silberner Ring, der in der Geschichte auch magische Kräfte vorzuweisen hat. Vorerst geht es auch hier um eine Expedition. Der Entdecker van Leeuwen sucht den eben angesprochenen, magischen Ring in einer Pyramide in Ägypten. Da die Geschichte in der Zwischenkriegszeit spielt, wird der Ort von der SS besetzt. Er wird bei dem Versuch, den Ring aus der Pyramide zu klauen von ihnen überrumpelt. Er wird aber nicht an Ort und Stelle getötet, sondern erstmal mit nach Europa genommen. Dort soll er ein mysteriöses Geheimnis für die Deutschen lösen. Mehr möchte ich hier auch nicht mehr verraten.
Dabei überzeugt die Geschichte durch die dichte und bedrückende Atmosphäre und wirkt teilweise fast wie ein kleiner, zusammengepresster Roman, natürlich im positiven Sinne gemeint. Nur das Ende ist leider etwas verwirrend und auch unbefriedigend. Man hätte gern noch mehr über die Situation erfahren. So wird man etwas im Regen stehen gelassen. Trotzdem ist die Erzählung ein gelungener Abschluss der Kurzgeschichtensammlung. |
Enttäuschend verarbeitet
Inhaltlich überzeugt Die Baker Street Artefakte also vor allem durch die tolle Qualitätsdichte der Kurzgeschichten. Äußerlich gibt es allerdings so einiges zu bemängeln. Aus dem Thema hätte man wirklich eine auch von außen, schön gestaltete Kurzgeschichtensammlung machen können. Vor allem vom Feder&Schwert Verlag, der sonst schon Erfahrungen in Sachen Gestaltung durch viele Rollenspielbücher hat, hätte ich mir mehr erwartet. So ist das Buch deutlich kleiner, als ich gedacht hätte und es besitzt ein relativ schlichtes Cover. Lediglich ein rotes Bändchen und abgerundete Seitenecken dienen als Verzierung. Im Buch gibt es vor jeder Geschichte ein Foto zu dem Gegenstand, der vom jeweiligen Autor gewählt wurde, was an sich ja keine schlechte Idee ist. Leider lässt die Qualität der Fotos nur zu wünschen übrig und viele spannende Details verschwimmen durch den nervigen Unschärfeeffekt.
Vor allem bei einer Kurzgeschichtensammlung erwarte ich mir hier mehr. So wirkt Die Baker Street Artefakte eher wie ein Taschenbuch zum Mitnehmen.
Inhaltlich überzeugt Die Baker Street Artefakte also vor allem durch die tolle Qualitätsdichte der Kurzgeschichten. Äußerlich gibt es allerdings so einiges zu bemängeln. Aus dem Thema hätte man wirklich eine auch von außen, schön gestaltete Kurzgeschichtensammlung machen können. Vor allem vom Feder&Schwert Verlag, der sonst schon Erfahrungen in Sachen Gestaltung durch viele Rollenspielbücher hat, hätte ich mir mehr erwartet. So ist das Buch deutlich kleiner, als ich gedacht hätte und es besitzt ein relativ schlichtes Cover. Lediglich ein rotes Bändchen und abgerundete Seitenecken dienen als Verzierung. Im Buch gibt es vor jeder Geschichte ein Foto zu dem Gegenstand, der vom jeweiligen Autor gewählt wurde, was an sich ja keine schlechte Idee ist. Leider lässt die Qualität der Fotos nur zu wünschen übrig und viele spannende Details verschwimmen durch den nervigen Unschärfeeffekt.
Vor allem bei einer Kurzgeschichtensammlung erwarte ich mir hier mehr. So wirkt Die Baker Street Artefakte eher wie ein Taschenbuch zum Mitnehmen.