Originalfassung des Buchs auf Englisch
Autor: Rick Yancey
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Lese Tipp - Das unendliche MeerLieber auf Englisch lesen?Das Buch ist auf Deutsch schon sehr gut. Ich habe aber schon öfters erwähnt, dass es viele Situationen gibt in denen man sich denkt: „Ok, auf Englisch klingt das sicher besser.“ Aber sollte man deswegen das ganze Buch in der englischen Version lesen?
Schwer zu übersetzen? Rick Yancey ist ein Autor aus den USA und schreibt klarerweise seine Bücher in englischer Sprache. Damit wir das Buch auch in Deutsch lesen können, gibt es Menschen, die diese Bücher übersetzen. Im Falle von „Das unendliche Meer“ ist das Thomas Bauer. Normalerweise erscheint die deutsche Version im selben Jahr, wie die originale Fassung. Bei „Das unendliche Meer“ und auch schon bei „Die 5. Welle“ dauerte das aber anscheinend etwas länger. Für beide Teile wurde die Übersetzung erst ein Jahr später veröffentlicht. Wieso? Das ist relativ leicht zu erklären: Wer schon meine anderen Artikel über „Das unendliche Meer“ oder auch „Die 5. Welle“ gelesen hat, der weiß, dass Rick Yancey einen sehr markanten und anspruchsvollen Stil hat. Viele Sätze kann man gar nicht 1 zu 1 ins Deutsche übersetzen und man muss sie umschreiben. Und genau das machen die Übersetzer dann auch manchmal. Damit die Sätze danach aber trotzdem noch das gleiche bedeuten und gut klingen, dauert das eine Zeit lang. Die Übersetzer müssen immer wieder Korrektur lesen und die entsprechenden Wörter anpassen. Das erklärt den langen Zeitraum zwischen den beiden Versionen. Andere Probleme… Dass wir die deutsche Version um einiges später lesen können, als die Amerikaner die Originalfassung, stört wohl die meisten nicht besonders. Es gibt aber noch viel schwerere Probleme bei der Übersetzung: Es gibt Redewendungen oder Wörter, die nur auf Englisch passend sind und nicht in die deutsche Version passen. Ich habe dazu einige Beispiele vorbeireitet: Im ersten Beispiel geht es um das Wort „Grace“. Im Buch wird es als Name und als Ausdruck verwendet und bringt deswegen Verwechslungen und Rätsel für die Charaktere mit sich. Der Charakter „Evan“ erzählt den anderen von „Grace“ und meint damit ein Mädchen, dass die Gruppe von Überlebenden bedrohen könnte. Die anderen verstehen aber nicht dass „Grace“ ein Name ist. Das Wort bedeutet im Englischen nämlich so viel wie „Gnade“. Die anderen rätseln jetzt darum, wieso Evan immer von „Gnade“ redet. Das wäre eigentlich auch sehr spannend. Man denkt aber nicht daran, dass „Grace“ auf Englisch „Gnade“ bedeutet und versteht nicht warum die Charaktere so blöd herumüberlegen. Erst an folgender Stelle geht einem ein Licht auf: „Er labert dauernd was von grace, >Gnade<.“ Das unendliche Meer, S.151; Eine andere Möglichkeit für die Übersetzer hätte es wohl eher nicht gegeben. Sicher hätte man auch den Charakter in „Gnade“ umbenennen können. Allerdings hätte das etwas eigenartig geklungen. Man hätte aber den Hinweis „grace=Gnade“ schon etwas früher einbauen können, so dass man nicht erst am Ende vom Rätsel Bescheid weiß, worum es eigentlich ging. Aber schon anhand von diesem Beispiel sieht man, dass die Übersetzer es mit Büchern wie „Das unendliche Meer“ nicht leicht haben. Allerdings blieb das „Grace“-Beispiel nicht das einzige. Ich habe hier noch einige aufgelistet: „>Weißt du was mit Teacup [ein Charakter im Buch] passiert ist?< >Ist mit dem Löffel abgehauen, habe ich mir sagen lassen.< >Tut das in dem Kinderlied nicht der Teller?< >Ich habe einen Witz gemacht.< >Verstehe ich nicht.<" Das unendliche Meer, S.241/242; -> Dialog zwischen den beiden Charakteren „Ringer“ und „Razor“. In der Andeutung ist ein amerikanisches Kinderlied, das bei uns eher unbekannt ist. „Teacup“ bedeutet übrigens „Teetasse“ auf Deutsch und wird deswegen mit dem Löffel und dem Teller in Verbindung gebracht. Die Wörter „Löffel“ und „Teller“ sind logischerweise auf Deutsch im Buch zu finden, weshalb man die Andeutung nicht sofort versteht. „Schach, chess, und Baseball: Chaseball. Kapiert?“ Das unendliche Meer, S.262; „Baseball wird als national pastime bezeichnet, als Nationalsport, denn wenn man Baseball spielt, lernt man mit Zeit umzugehen, time. Oder mit der Vergangenheit, past. Eines von beiden.“ Das unendliche Meer, S.263; ->Auch bei diesen beiden Beispielen steht die Erklärung auf Deutsch, relativ unschön, daneben. Die Namen von Personen sind außerdem auch meistens Andeutungen auf Englisch. Wenn man da genauer Bescheid wissen will, muss man manchmal schon zum Wörterbuch greifen. Hängt natürlich von den Englischkenntnissen ab. Das ganze Buch auf Englisch lesen? Ganz klar ist: Die englische Originalversion des Buches ist noch um ein Stück besser als die deutsche Übersetzung, die ohnehin schon gut abschneidet. Aber sollte man deswegen gleich das ganze Buch auf Englisch lesen. Ich sage es mal so: Wenn man nicht fast perfektionierte Englischkenntnisse hat und sich ein wenig mit dem amerikanischen Englisch auskennt, sollte man die Finger davon lassen. Falls ihr euch aber gut mit der Sprache auskennt, könntet ihr euch wirklich überlegen, zur Originalfassung zu greifen. Am Ende bleibt es schließlich eure Wahl. |