20.3.2016
Rezension - Die Legenden von Andor: Das Lied des KönigsWahrlich für Fans!Schon im Leseblog zum Buch habe ich es schon mehrfach erwähnt und in der Rezension wird es nur noch klarer: Die Legenden von Andor: Das Lied des Königs ist ein Buch für Fans. Wie gut es sich für andere liest, seht ihr hier in der Rezension zum Buch.
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Michael Menzel ist der "Erfinder" von Andor und Illustrator des Buches
Die Bogenschützin Chada ist die Hauptfigur im Buch
Die Kapitelüberschriften verraten teilweise zu viel
Der Verlorene Thron hat eine riesige erzählte Welt, zeigt in 700 Seiten aber nur einen Bruchteil davon
Die Karte ist übersichtlich und schön illustriert
Für Fans gibt es noch eine Mini-Erweiterung für das Grundspiel
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Die Legenden von Andor: Das Lied des Königs ist im September 2015 erschienen und ist eine Brettspiel-Adaption. Genauer gesagt, ist es die Vorgeschichte zum Pen&Paper-artigen Brettspiel „Die Legenden von Andor“, welches im Jahr 2013 sogar den Kritikerpreis für das "Kennerspiel des Jahres" gewinnen konnte. Mehrfach ausgezeichnet wurde das Spiel auch für das Artdesign, das man auch im Buch wiedererkennen kann. Vor den Kapiteln gibt es immer Illustrationen, die allgemein recht gut gelungen sind. Diese wurden von Michael Menzel per Hand angefertigt. Dieser ist übrigens Erfinder von „Andor“ und dessen Frau, Stephanie Schmitt, ist die Autorin des Buches.
Fan vs Normaler Leser
Zum Design des Buches komme ich allerdings später noch genauer. Zuerst möchte ich allerdings kurz zusammenfassen, um was es in Das Lied des Königs eigentlich geht: Die Geschichte folgt dem Prinzip einer klassischen „Heldenreise“. Eine Gruppe von 4 Helden erlebt zusammen Abenteuer, wobei jeder Held seine eigenen, speziellen Eigenschaften hat. Los geht es mit der Bogenschützin Chada, die als Hauptfigur des Buches agiert. Sie ist eine der Bewahrerinnen und Bewahrer des „Baumes der Lieder“. An diesem Ort werden alle Geschehnisse Andors dokumentiert und archiviert. Eines Tages wird dieser Ort aber von bösen Kreaturen angegriffen, die es schaffen, einige Pläne aus dem Archiv zu entwenden. Hinter diesen Kreaturen steht aber eine viel größere Gefahr, die versucht Andor zu unterwerfen und die Fans bereits aus dem Brettspiel kennen. Die Charaktere sind wirklich sehr abwechslungsreich, obwohl sie gerne noch etwas mehr Tiefe haben hätten können. Über Kram, einen Zwerg aus den Minen Andors, hätte ich beispielsweise gerne ein paar mehr Hintergründe gewusst. Vor allem für eine Vorgeschichte sind wenige Informationen über manche Charaktere enthalten. Gerade als Fan hätte man sich hier mehr erwünscht. Nun möchte ich die Geschichte zuerst aus der Sicht eines Fans bewerten, danach noch einmal aus einer neutralen Stellung. Wer die „Legenden“ aus dem Brettspiel Andor mag, der wird auch an dem Buch seine Freude haben. Die Atmosphäre der Welt wurde sehr gut eingefangen und man erfährt viel Wissenswertes über manche (!) Charaktere und fast alle wichtigen Orte. Allerdings gibt es auch für Fans Probleme: Diese kennen nämlich ZU viel von der Spielwelt und den Charakteren. Da letztere fast alle bekannt sind und nur ein paar neue dazukommen, ist es für einen Kenner sehr leicht zu erahnen, wer das Abenteuer nicht überstehen wird und wer überleben muss, da es viele Charaktere später noch gibt. So wäre es äußerst unlogisch, wenn diese sterben würden. Außerdem fehlt es einem als Brettspiel-Fan vor allem an einem: An der Interaktion. Während beim Spielen die Mechanik der Regeln auch noch eine Rolle spielt, man sich mit Freunden während dem Spielen über die Geschichte austauscht und sich eben nicht nur auf den Inhalt der Geschehnisse innerhalb der Story konzentriert, rückt dessen Qualität manchmal in den Hintergrund. Es muss im Spiel auch nicht jede Interaktion beschrieben werden, da man diese schließlich selbst durchführt. So wird einem eher ein Leitfaden gegeben, dem man relativ frei folgt. Im Buch hat man andauernd das Gefühl, dass dieser rote Faden viel zu linear in eine Richtung verläuft. Abschließend kann ich aber sagen, dass das Buch für Fans des Brettspiels eine Empfehlung wert ist. Als sozusagen „neutrale“ Person, die noch nichts mit „Andor“ am Hut hatte und vielleicht gerne in das Universum einsteigen möchte, sollte man nicht unbedingt mit dem Buch beginnen. Die Geschichte ist von Anfang an ziemlich leicht vorherzusehen und die Spannung erreicht nie wirklich nennenswerte Höhepunkte. Auch von der großartigen Atmosphäre bekommt man bei weitem nicht so viel ab, wie ein Fan des Brettspiels, zumal dieser die Orte und die Welt kennt. So kann ich das Buch für Neulinge von „Andor“ eher nicht empfehlen. Falls man sich aber von dem Universum angesprochen fühlt, sollte man vielleicht vorher mit dem Brettspiel einsteigen und das Buch später lesen. Allgemeine Probleme
Dazu kommen leider auch noch Probleme, die sowohl Fans als auch "normale" Leser haben. So wurden beispielsweise manche Kapitelüberschriften sehr ungünstig gewählt und ich muss schon fast sagen, man sollte sich diese besser nicht ansehen, sofern man dies verhindern kann. Sie verraten nämlich in manchen Fällen einfach zu viel über den Inhalt des darauffolgenden Kapitels und nehmen die größten Überraschungen vorweg (Ein Kapitel mit der Überschrift „Tonis Ende“ (erfunden!) birgt so keine Geheimnisse mehr und ist auch nicht wirklich spannend zu lesen). Das größte Problem des Buches liegt aber im Erzähltempo, welches sich teilweise arg schnell verhält. Das hat zur Folge, dass in vielen Situationen Details fehlen, die manche Stellen oft schöner ausschmücken könnten oder auch wichtig für die Handlung wären. So wirkt die Erzählung noch ein Stück linearer und einfacher. Mit mehr Details könnten auch die Hintergründe zu den Charakteren ein bisschen besser ausgeschmückt werden, damit diese mehr Tiefe bekommen. So gibt es selten wirklich lange Dialoge und größtenteils nur Handlungen. Eine weitere Folge dieses hohen Tempos sind Logikfehler. Es gibt zwar nicht sehr viele davon, einige wirken aber äußerst unpassend. Der Grund dafür ist meistens, dass viele Situationen deutlich zu wenige erklärt werden und so in unlogischen Handlungen der Charaktere enden. Alles wirkt ein wenig zu überhastet und vielleicht wollte die Autorin an manchen Stellen ja auch einfach zu viel gleichzeitig. Allgemein kann man also sagen, dass Die Legenden von Andor: Das Lied des Königs im Bereich Story und Erzählweise die größten Schwächen aufweist. Sowohl für Fans, als auch für Nicht-Fans, wobei erstere einen deutlichen Atmosphäre-Vorteil haben. Sauber gehalten
Neben diesen deutlichen Story-Schwächen, gibt es aber nicht viel am Schreibstil zu meckern. Es gibt beinahe keine Rechtschreibfehler oder andere nervige Dinge. An die Beistrichsetzung muss man sich am Anfang des Buches vielleicht ein bisschen gewöhnen, zumal sehr viele Beistriche gesetzt werden. Öfters auch an unnötigen Stellen, wie vor Wörtern wie „und“ oder „oder“. Allgemein bessert sich aber auch hier alles im Laufe des Buches und fällt gegen Ende nicht mehr sonderlich auf. Da das Buch auch keinen Übersetzungsprozess hinter sich hat, gibt es hier natürlich einen großen Vorteil. Es gibt keine eigenartigen Sätze, an denen man merkt, dass irgendetwas nicht stimmt. In diesem Bereich ist zum Glück alles ziemlich sauber. Natürlich ist das aber zum Teil auch der eher einfachen Wortwahl verschuldet. Bei Bücher mit einem komplizierteren Aufbau kann es schon eher zu Fehlern kommen. So kann sich die Autorin aber nicht selbst verwirren und kann den roten Faden beibehalten. Es gibt zwar ein, zwei Zeitsprünge, allerdings halten diese sich eher in Grenzen und der Fokus wird ausschließlich auf die Heldengruppe verlegt. Wenn man im Bereich Wortwahl weniger riskiert gibt es aber nicht nur Vorteile. Schließlich wirkt der Romaninhalt so weniger hochwertig und interessant. Andere Bücher, wie zum Beispiel das grandiose Die 5. Welle, beeindrucken vor allem durch ihren ausgeprägten Stil und die Geschichte wird sogar teilweise davon getragen. Bei Das Lied des Königs sticht die Wortwahl aber viel weniger heraus und wirkt auch nicht so beeindruckend. Demnach ist der Schwierigkeitsgrad auch sehr niedrig und alle Handlungen sind leicht zu verstehen. Man kann der Geschichte leicht folgen, es gibt keine allzu komplizierten Wendungen und alles verläuft sehr linear. Der Umfang des Buches beträgt ca. 320 Seiten und liegt so im Durchschnitt. Die Autorin hätte das Buch aber auf 500 Seiten verlängern können, um mehr Tiefe in die Geschichte zu bringen. So verläuft alles, wie gerade vorhin erwähnt, sehr linear ab und „Handlungen“ stehen im Vordergrund. Die Dialoge sind nur sehr kurz und enthalten auch selten Details zu den Charakteren. So gibt es praktisch keine wirkliche Charakterentwicklung innerhalb der Geschichte. Dafür bekommt man in den 320 Seiten beinahe alle wichtigen Orte Andors zu sehen. Natürlich versucht man hier die Hintergrundgeschichte zu möglichst jedem Ort zu erzählen, allerdings hätte man sich hier auch mehr Zeit lassen können, um diese besser auszufeilen. Das Lied des Königs ist also eher kurzweilig und konzentriert sich dafür auf das wichtigste. Das genaue Gegenteil bietet übrigens das von mir zuletzt rezensierte Der Verlorene Thron, welches über 700 Seiten hat und im ersten Teil nur einen Bruchteil der erzählten Welt zeigt. Beeindruckend von außen
Das mag zwar komisch klingen, aber Das Lied des Königs beeindruckt vor allem von außen. Wie auch das vorhin erwähnte Der Verlorene Thron bietet der Roman eine Karte der erzählten Welt, in diesem Fall des Landes „Andor“. Während eingefleischte Fans die Welt zwar schon kennen sollten, ist es für Neueinsteiger immer von Vorteil einen Überblick über die Welt zu haben. Noch dazu ist die Karte übersichtlich gestaltet und wunderschön illustriert. Neben dieser Karte bietet das Buch aber eine Verarbeitung, wie man sie nur selten sieht. Sowohl das Hardcover als auch die Buchseiten wirken sehr hochwertig. Zusätzlich gibt es noch ein grünes Band, welches als Lesezeichen dienen kann. Die Illustrationen zwischen den Kapiteln sind allesamt sehr ansehnlich und passend. Für Fans des Brettspiels gibt es dann auch noch einen netten Bonus: Eine Mini-Erweiterung zum Grundspiel Die Legenden von Andor. Beachten muss man natürlich auch, dass Das Lied des Königs mit Kosmos eine große Verlagsfirma hinter sich stehen hat. Durch diese ist ein derart wunderbares Design auch erst möglich. Damit möchte ich diese Rezension dann auch abschließen. Wer gespannt auf das Fazit und die endgültige Wertung ist, der möge auf den grünen Button klicken! Wer sich auch weiterhin für „Andor“ interessiert, sollte sich einmal meine zwei letzten Blog-Einträge zum Buch ansehen, in denen ich das Universum und seine Adaptionen näher vorstelle und sozusagen einen Einstieg gebe. |